Fortbildung zum Thema „Systemische (Neue) Autorität“ in Handlung und Haltung
Bei der Fortbildung am 6. Februar 2024 im Gemeindehaus Hollen ging es um die Vermittlung von Grundlagen des pädagogischen Konzepts „Neue Autoriät“, das zum Leistungskonzept der Landhaus Hollen GmbH gehört. Geballtes Wissen zum Thema vermittelte Martin Lemme vom Institut SyNA den 21 Teilnehmenden aus den Teams Hollen und Hesel. Das auf den Theorien der beiden Vorreiter Haim Omer und Arist von Schlippe weiterentwickelte Konzept beruht auf der Idee des gewaltlosen Widerstands wie sie Mahatma Gandhi und Martin Luther King vertreten haben und entwickelt daraus eine systemische Perspektive, die neurobiologische Grundlagen mit einbezieht und die Annahme des guten Grundes voraussetzt. Im Wesentlichen beruht die „Neue Autorität“ – auch genannt „Systemische Autoriät“ – auf der Kraft und Wirkung der Präsenz. Damit gemeint ist nicht nur die rein physische Anwesenheit einer Person, sondern auch ihre Ausstrahlungskraft und die Vermittlung von Sicherheit.
Welche zirkulären Wechselwirkungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, aber auch mit Erwachsenen entstehen und wie Ursache und Wirkung reguliert werden können, wurde ausführlich theoretisch erörtert. Praktische Übungen waren dabei nicht nur angenehme Unterbrechungen, sondern machten die unterschiedlichen Dimensionen von Präsenz mit allen Sinnen erlebbar. Immer wieder offensichtlich wurde die Präsenz als Kraftquelle – und zwar, ohne dabei Macht oder Gewalt auszuüben. Erwünschtes Ziel soll sein, durch Co-Regulation und Orientierungsreaktion eine möglicherweise kritische Situation zu entschärfen und generell Sicherheit zu vermitteln.
Absicht ist die Seele der Tat. (dt. Sprichwort)
Der Auftrag im Umgang mit Kindern und Jugendlichen lautet: “ Wir möchten dir zeigen, wie du dich in dieser Welt entwickeln kannst“, erläuterte Martin Lemme. Diese Absicht zu verfolgen, bedarf einer gewissen Kontinuität. Immer wieder den Kontakt und die Kooperation mit dem Gegenüber zu verbessern, sich stets selbst zu reflektieren, sich dabei handlungsfähig und unterstützend zu zeigen, ohne Zwang auszuüben, ist die große Herausforderung bei der Grundhaltung der „Neuen Autorität“. Die möglichen Formen der Präsenz wurden im Laufe der Fortbildung in ein prozessdynamisches Modell übertragen, das gut erkennbar macht, wie wichtig es ist, eine gefestigte Haltung zu haben und darauf zu vertrauen, dass der andere einen guten Grund für seine Handlung hat – ganz gleich, wie sie sich gestaltet. Letztlich geht es darum, die Gewaltlogik durch das eigene Handeln zu unterbrechen.
Als Möglichkeiten, im Rahmen der „Neuen Autoriät“ methodisch vorzugehen, wurden Sit-in-Situationen, das Schweigende Gespräch und die Form einer Ankündigung erklärt. Für Fallarbeiten stellte Martin Lemme außerdem die 3 + 1 Körbe-Methode vor, die aus dem Systemischen Institut für Neue Autorität stammt. Anhand praktischer Beispiele und Übungen bekamen die Teilnehmenden ein Gefühl für das Potenzial, das hinter der Theorie steckt.
Ganz nach der Prämisse Gandhis „Du musst nicht gewinnen, sondern beharrlich sein“ geht es in der „Neuen Autorität“ darum, Stärke statt Macht zu vermitteln und in der kontinuierlichen Präsenz nachhaltig zu wirken. So kann die Ankerung als sicherer Ort gelingen. Wie wichtig die Zusammenarbeit im Team dabei ist, wurde am Ende der Verantstaltung noch einmal deutlich. „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“, besagt ein afrikanisches Sprichwort. So erhöht auch in der Kinder- und Jugendhilfe ein gemeinsames sichtbares Vorgehen die Wirksamkeit der einzelnen Person.
Text und Fotos: AF/Landhaus Hollen GmbH